THE MISSING IMAGE



eine Installation von Ruth Beckermann, 12.3. - 12.11.2015 auf dem Albertinaplatz.

Das 1988 von Alfred Hrdlicka geschaffene „Mahnmal gegen Krieg und Faschismus“ wird durch eine temporäre Installation von Ruth Beckermann neu kontextualisiert.

Die Installation THE MISSING IMAGE bezieht sich auf die als Erinnerung an den Anschluss-Pogrom im März 1938 geschaffene Bronzefigur eines liegenden bärtigen Mannes mit einer Bürste in der Hand, die einen straßenwaschenden Juden darstellen soll. Dieser Figur fügt Ruth Beckermann die fehlenden Bilder der lachenden Zuseher hinzu. Mit scharfer Lauge und Bürsten, manchmal auch mit Zahnbürsten, mussten Juden die Symbole und Parolen des Ständestaates vom Gehsteig waschen. Diese Aktionen wurden „Reibpartien“ genannt. Sie waren eine Erfindung der Wiener Antisemiten.

Es sind bewegte Bilder des einzigen bisher bekannten Filmclips einer „Reibpartie“, der kürzlich im Österreichischen Filmmuseum gefunden wurde. Der fünf Sekunden kurze Clip wurde bearbeitet und geloopt.

Er erzählt eine Wiener Geschichte: Eine Menge lachender Menschen sieht zu, wie zwei bürgerlich gekleidete junge Juden kniend das Pflaster reinigen. Ein SA-Mann hält den Besen in der Hand einer jungen jüdischen Frau in die Kamera. Die Zuseher haben „a Hetz“. Sie genießen das Machtgefühl, auf Menschen, die am Boden kriechen, herab sehen zu können.
Durch die Einschreibung der Filmszenen in das Mahnmal treffen nun drei Körper und drei unterschiedliche Materien aufeinander. Die Bronzefigur des Opfers, die in einer Zweikanal-Inszenierung auf LED-Screens projizierten Körper der historischen Täter und die realen Körper der Passanten, die sich jenen gegenüber sehen.

Ich bin nicht dafür, dieses oder ein anderes kompromittiertes Denkmal abzubauen. Karl Lueger & Co. gehören zur Geschichte dieser Stadt. Es liegt an den heutigen Bewohnern, den damals geliebten Antisemiten eine neue Perspektive hinzuzufügen, sei es in erklärender, sei es in provokanter Weise. In diesem Sinne versteht sich meine Installation THE MISSING IMAGE als Intervention. Sie zeigt den immer gleichen Mechanismus der Ausgrenzung: Wer auf die Knie gezwungen wird, ist schmutzig. Wer auf dem Boden liegt, auf den kann man hinunter schauen.


Idee und Konzept: Ruth Beckermann
Bildgestaltung: Klaus Pamminger
Sounds: Olga Neuwirth
Produktionsleitung, Pressearbeit: Milli Segal
Assitenz: Philipp Diettricha
technische Umsetzung: Lichttapete
Entwurf: Ruth Beckermann / Walter Studener
Konstruktion: Firma Bruckschwaiger
Graphik: Althaler + Oblasser

Das historische Filmmaterial wurde vom Österreichischen Filmmuseum zur Verfügung gestellt.