NACH JERUSALEM

Was ist aus dem Traum von einer jüdischen Heimat geworden?
Auf der Straße von Tel Aviv nach Jerusalem. Ein dokumentarisches Road movie: Lastwagen, Tankstellen, Bauarbeiter, Soldaten, russische Einwanderer, Taxichauffeure, Sicherheitswachen... Begegnungen auf nur 60km mit verschiedenen Landschaften und persönlichen Geschichten.




16mm – 85’ – Farbe - 1:1,33
Optischer Ton - OV Deutsch / Hebräisch / Englisch / Französisch / Arabisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Französisch

Ein Film von Ruth Beckermann
Kamera Nurith Aviv
Ton Jochai Mosche, Othmar Schmiderer
Schnitt Gertraud Luschützky

Premiere 23.2.1991, Internationales Forum des jungen Films, Berlin, Delphi-Palast
Kinostart 12.4. 1991, Votiv Kino, Vienna
festivals Berlin, Montreal, Rom, Florence, Jerusalem etc.

Es geht in NACH JERUSALEM nicht um eine chronologische Geschichtsschreibung oder um eine eindeutige Einschätzung der kurzen und konfliktbeladenen Geschichte Israels, sondern um eine Momentaufnahme, die sich als Leitmotiv das Markersche Prinzip zu setzen scheint: MAN WEISS NIE, WAS MAN DREHT. So sieht man in dem Film kein einziges Mal Steinewerfer, aber man hört immer wieder Schüsse oder Flugzeuge.
Unterwegs nach Jerusalem eröffnen sich nicht nur vielfältige Landschaften, profane und religiöse Bauten, in diesem Land oft von mehreren Seiten mythologisch besetzt, sondern auch unterschiedlichste Kulturen: Da sitzen in stoischer Ruhe Äthiopierinnen, deren man- gelnde Fremdsprachenkenntnisse von ihren neuen Landsleuten befremdet wahrgenommen werden; da sind eben zugezogenen russische Jüdinnen, die mit Überzeugung von der Stärke Israels erzählen. Aus ihren Gesichtern spricht noch der Traum, den sie aus Osteuropa mit- genommen haben, und an den Tschaikovskys SERENADE MÉLANCOLIQUE als wiederkehren- des Motiv erinnert. Der Film muß unterwegs enden, weil der Sehnsuchtsort nicht mit dem realen Jerusalem übereinstimmen kann.

Aus CHRISTA BLÜMLINGER, Le souvenir partagé (Retour de memoire. Rencontres cinématographiques de la Seine-Saint-Denis), Paris 2000

Ruth Beckermann montiert die zufällig entstandenen Momentaufnahmen israelischer Wirklichkeit zu einem faszinierenden Puzzle. Die Kamerafrau Nurith Aviv schafft ruhige, unaufdringliche Bilder, die vieles zeigen, aber niemals entblößen.
Jüdische Rundschau, Basel, 7.3.1991

Zwischen Worten und Bildern kriechen die Spannung, der Druck hervor, die für die Menschen in Israel zum Alltag gehören. Der Traum von der friedlichen Existenz im eigenen Land schimmert diffus als Hoffnung und Sehnsucht aus den Sätzen der meisten Befragten.
taz, Berlin, 26.2.1991

Ruth Beckermanns road movie nach Jerusalem geht durch die Zeiten und durch die Welten. In langen Einstellungen fängt sie das Unspektakuläre dichtgedrängt ein, sodass sich aus vermeintlichen Belanglosigkeiten, Off-Tönen, kleinen Gesprächen, ein aussagekräftiges Gesamtbild von Israel anno 1990 ergibt.

Süddeutsche Zeitung, München, 14.3.1991

„Die Herausforderung war, einen politischen Film zu machen, der die eingefahrenen Erwartungen ignoriert. Es ging mir nicht darum, die Fernsehbilder vom Steinewerfen und Schießen und Knochenbrechen, die wir täglich ins Haus geliefert bekommen und die natürlich auch ein Ausschnitt der Wahrheit sind, zu reproduzieren. Man sieht in dem Film niemanden der Steine wirft, doch man hört immer wieder Flugzeuge und Schüsse. Vor allem durch die Ohren dringt diese Anspannung ein ... Am Anfang dieses Filmprojekts stand für mich die Kindheitserinnerung an die blau-weißen Spendenbüchse einer zionistischen Organisation, die in unserer Küche stand. Einmal in der Woche warf ich den Rest meines Taschengeldes hinein, um meinen Beitrag zum Aufbau – Landkauf, Bäumepflanzen etc. – meines Israel zu leisten. Jetzt wollte ich mir ansehen, was man mit meinem Taschengeld gemacht hat.“
RUTH BECKERMANN in einem Gespräch mit CHRISTA BLÜMLINGER, 11.1.1991
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